Jakobsweg Bayerisch-Schwaben (Westweg), 1. Etappe: Augsburg – Weiherhof

Heute soll es losgehen: Die erste Etappe des Bayerisch-Schwäbischen Jakobswegs liegt vor mir. Von unserer Haustür nach Weiherhof in der Nähe von Gessertshausen. 21 Kilometer zu Fuß.

Wir in Augsburg haben das Glück, dass wir den Bayerisch-Schwäbischen Jakobsweg nicht nur direkt vor der Haustür haben, sondern mit der Kirche St. Jakobus sogar noch eines der „Zentren“ der Jakobuspilger. Außerdem gabelt sich der Jakobsweg ab Augsburg in zwei Routen, die auf verschiedenen Wegen nach Bad Grönenbach von dort wiederum gemeinsam an den Bodensee führen. Also zwei Wanderwege, die ich ab Augsburg starten und nach und nach in einzelnen Etappen gehen kann.

Das Wetter ist etwas wechselhaft vorhergesagt, also packe ich nicht nur Regen- und Windjacke, sondern auch noch eine Garnitur Ersatzkleidung zum Wechseln ein – für den Fall, dass ich tatsächlich so richtig nass werden sollte. Ich habe aber wenig Sorgen, denn ich kenne die Strecke, die ich heute gehen möchte. Sie führt zum Großteil durch Wald, und die Bäume sollten etwas Regen erstmal gut abhalten.

Außerdem wichtig: Verpflegung! Da ich weiß, dass ich auf der Strecke keinen Lebensmittelladen antreffen werde, packe ich mir Obst und Sandwiches in den Rucksack. 3,5 Kilogramm wiegt dieser am Ende. Ohne die Wasserflasche, die kommt noch extra dazu. Das ist selbst mit einem Mountainbike-Rucksack noch gut zu tragen. Meine Wanderausrüstung ist nämlich noch etwas lückenhaft.

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Da ist sie: die Jakobsmuschel!

Ich spaziere also los, erstmal mitten durch die Stadt. An der Gögginger Brücke treffe ich auf den Jakobsweg und folge diesem erstmal durch den Wittelsbacher Park. An manchen Stellen glaubt man kaum, immer noch mitten in der Stadt zu sein, zwischen den alten Bäumen und einer Wiese, auf der Heu trocknet. So geht es hinunter an die Wertach. Ich passiere die Kulperhütte und wandere am linken Wertachufer entlang. Schon hier ist es wunderschön ruhig, ich treffe bis auf eine Hundehalterin und eine Joggerin keinen Menschen. Die Vögel singen, und ich sinniere so über die verschiedenen Grüntöne der Bäume vor mich hin.

An der Wellenburger Brücke teilen sich die beiden Routen: Die Ostroute führt von hier aus erstmal weiter an der Wertach entlang, um dann über Bad Wörishofen und Markt Rettenbach Bad Grönenbach zu erreichen. Die Westroute, der ich heute folgen möchte, führt durch den Naturpark Augsburg-Westliche Wälder. Stationen sind unter anderem das Kloster Oberschönenfeld, Babenhausen und Memmingen.

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Alle Wege führen nach Santiago de Compostela.

Ich überquere die Wertach und folge der Wellenburger Allee mit ihren alten Lindenbäumen. Und da ich gerade nichts anderes zu tun habe, fange ich an, die Linden entlang der Straße zu zählen. Auf die Art komme ich schnell im zwei Kilometer entfernten Wellenburg an und habe am Ende 360 Bäume gezählt, die hier die Straße säumen.

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Zwei Kilometer, 360 Linden.

Weiter geht es auf der Straße Richtung Bergheim, von der bald der Wanderweg abzweigt und in den Wald hineinführt. Es ist der typische Wald des Naturparks: hohe Fichten, wenn man Glück hat ab und an aufgelockert durch ein paar Buchen. Im Unterholz staut sich die feuchtwarme Luft nach den Regenschauern von gestern Abend und heute Morgen.

Den Weg von Augsburg nach Oberschönenfeld bin ich schon unzählige Male geradelt. Den Streckenverlauf kenne ich gut. Dennoch nehme ich den Weg heute – zu Fuß – komplett anders wahr. Die scheinbar endlos geradeaus führenden Waldwege – mit dem Mountainbike ideale Sprintstrecken – ziehen sie nun vor mir ins Unendliche. Immer noch ist außer mir keine Menschenseele unterwegs. Ich erwische mich dabei, dass ich mich sogar freue, als ich von Weitem eine Ansammlung von Wegweisern sehe.

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Die Unendlichkeit der Wege.

Zum Anhauser Tal geht es sanft hinunter. Und wieder treffe ich auf etwas, was ich auf unseren Fahrradtouren noch nie wahrgenommen habe: Auf etwas mehr als halber Strecke weist ein Wanderwegweiser nach links zur Mader-Quelle. Mit dem Rad bin ich hier wohl bisher jedesmal einfach vorbeigerauscht. Heute biege ich auf den kleinen Trampelpfad ein und besuche die Quelle, deren Wasser beschaulich in einen Brunnen plätschert, um dann weiter in den Wald hinein zu fließen.

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Vom Anhauser Tal aus geht es sonnig wieder hinauf in Richtung Oberschönenfeld. Der Wald, der jetzt folgt, ist etwas lichter, luftiger, und auch der Waldboden ist sehr grün. Noch ein paar Mal bergab und bergauf und an einer weiteren Quelle vorbei, wo ich meine Trinkflasche auffülle. Bald geht es steil hinunter, und die roten Blumen an den Fenstern des Staudenhauses grüßen schon von weitem in den Wald hinein.

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Im Innenhof des Klosters Oberschönenfeld finde ich eine freie Bank, wo ich etwas meine Beine hochlegen kann. Dann schaue ich kurz in die Kirche – es soll laut Wanderführer hier am Ort einen Pilgerstempel geben. Wo sich der wohl befindet? In der Kirche jedenfalls nicht. Ich suche aber auch nicht weiter, denn ich habe ja (noch) gar keinen Pilgerausweis, den ich abstempeln könnte.

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Die Entscheidung zwischen Biergarten und Volkskundemuseum fällt zugunsten des letzteren aus, denn es gibt hier noch bis 10. September die Sonderausstellung „Sparen, verschwenden, wiederverwenden. Vom Wert der Dinge“, zu der auch ich etwas zum Thema Foodsharing beigetragen habe. Die Ausstellung zeigt den Wandel vom sparsamen, oft durch Not und Mangel geprägten sorgsamen Umgang mit den Dingen hin zur heutigen Wegwerfmentalität. Sie weist aber auch auf Innovationen und Initiativen aus der Region hin, die wieder hinführen zu einem bewussteren Umgang mit den Dingen  Neben der Sonderausstellung schaue ich mir noch die Dauerausstellung zu den Themen „Vom Wohnen auf dem Land“ und „Bräuche durchs Jahr – Feste im Leben“ an. Dann wird es aber auch schon wieder Zeit, den Rest der heutigen Tagesetappe anzugehen.

Und hier wartet zum Abschluss nochmals ein schönes Highlight. Vorbei am Staudenhaus führt ein weicher Waldweg bis hin zu einem Platz, wo sich wieder eine Infotafel zum Jakobsweg befindet. Von dort aus geht es weiter am Waldweg entlang im Tal der Schwarzach. Einzig die Landstraße stört hier die Idylle aus Wald, Wiesen, einzelnen Bäumen und dem Flusslauf. Als ich den Weiherhof erreiche, weist meine Tagesstatistik 21,3 Kilometer auf.

Bis der nächste Bus fährt, habe ich noch eine halbe Stunde Zeit. Ich schaue kurz in die kleine Kapelle und setze mich dann davor, um mein noch verbliebenes Sandwich zu essen. Mit Bus und Bahn geht es dann zurück nach Augsburg, nicht ohne vorher noch auszukundschaften, wo es beim nächsten Mal mit der nächsten Etappe weitergeht.

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Ultreia!

 

Streckeninfos:

21,3 Kilometer
überwiegend eben, nur leichte Steigungen

Einkaufsmöglichkeiten:
Augsburg Jakoberstraße (beim Start an der Jakobuskirche)
Augsburg-Göggingen (Bgm.-Aurnhammer-Straße, etwa 1 Kilometer von der Wellenburger Brücke entfernt)
Klosterbäckerei Oberschönenfeld 

Einkehrmöglichkeiten:
Schlossgaststätte Wellenburg (mit Biergarten – in der Gaststätte vegetarische und vegane Gerichte in der Speisekarte gekennzeichnet)
Klosterstüble Oberschönenfeld (mit Biergarten – einige vegetarische Gerichte)

 

 

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